Was und warum feiern wir und andere Länder eigentlich an Silvester?
Warum böllern wir Silvester um Mitternacht und was hat es mit der ominösen roten Unterwäsche in Italien und Spanien auf sich? Wir versorgen euch hier mit ordentlich Silvester-Fakten und Bräuchen, damit ihr bei der nächsten Silvesterparty mit echtem Expertenwissen glänzen könnt.
Warum werden an Silvester Böller gezündet?
Die Germanen glaubten, dass in der Zeit zwischen den Jahren (den sogenannten Rauhnächten) die Grenze zur Geisterwelt besonders dünn sei. Um sich vor den bösen Dämonen zu schützen, machten die Menschen so viel Lärm wie möglich. Als es noch keine Böller gab, nutzte man Rasseln, Peitschenknallen, das Schlagen auf Töpfe oder das Blasen in Hörner.
Außerdem liegt Silvester nahe der Wintersonnenwende. Das Feuerwerk und die hellen Blitze symbolisierten ursprünglich den Sieg des Lichts über die Dunkelheit des Winters. Man wollte die Sonne „wachrütteln“.
Übrigens stammt das Wort „Böller“ vermutlich vom spätmittelhochdeutschen Wort pollen (tönen, schallen) ab.
Warum wünscht man sich Silvester einen "guten Rutsch"?
Der Gruß hat nichts mit Rutschen zu tun. Er leitet sich vermutlich vom hebräischen „Rosch“ (Anfang/Kopf) ab, was den „guten Anfang“ des Jahres meint. Das jüdische Neujahrsfest heißt „Rosch Haschana“ und gelangte über das Jiddische in den deutschen Sprachgebrauch. Aus „einen guten Rosch“ wurde im Laufe der Zeit der „gute Rutsch“.
Woher kommt der Name Silvester?
Der Name geht auf Papst Silvester I. zurück, der am 31. Dezember 335 starb. Da sein Gedenktag auf den letzten Tag des Jahres fällt, erhielt der Tag seinen Namen.
Erst seit der Einführung des Gregorianischen Kalenders 1582 ist der 31. Dezember in christlichen Ländern der offizielle Jahresabschluss. Zuvor feierten viele Regionen den Jahreswechsel an Weihnachten oder im Frühjahr.
Der Vorname "Silvester" bedeutet übrigens Waldbewohner.
Wann gab es das erste Feuerwerk?
Das historisch erste große Feuerwerk in Deutschland soll 1506 von Kaiser Maximilian I. in Konstanz gezündet worden sein. Damals diente es hauptsächlich der kaiserlichen Selbstdarstellung. In der Barockzeit wurden Feuerwerke immer populärer. Sie wurden zu Hochzeiten, Friedensschlüssen oder Geburtstagen von Monarchen gezündet. Da Silvester (der 31. Dezember) erst mit der Kalenderreform 1582 fest als Jahresende etabliert wurde, dauerte es, bis es Feuerwerk an Silvester gab.
Bis weit ins 19. Jahrhundert hinein war Feuerwerk viel zu teuer für Privatpersonen. An Silvester wurde Lärm mit Peitschen, Pistolen oder Töpfen gemacht. Mit der Industrialisierung konnten Raketen und Böller erstmals in Fabriken massenhaft und günstig produziert werden. Erst ab dieser Zeit wurde Böllern zur Tradition.
Warum läuten die Glocken um 0 Uhr?
Um Mitternacht läuten in fast allen deutschen Städten die Kirchenglocken. In der christlichen Tradition verkünden die Glocken das Ende des alten Jahres (Hinausläuten) und begrüßen gleichzeitig das neue Jahr als Geschenk Gottes (Hineinläuten).
Glocken gelten in der Kirche als „Vasa sacra“ (heilige Gefäße). Ihr geweihter Klang sollte, ähnlich wie das weltliche Knallen, dunkle Mächte vertreiben.
In der Zeit vor Armbanduhren und Smartphones war die Kirchturmuhr die einzige verlässliche Zeitquelle für die gesamte Bevölkerung. Das Läuten um exakt 0:00 Uhr war das offizielle Startsignal, dass das neue Jahr begonnen hat.
Was hat es mit dem Glücksklee auf sich?
In der Natur ist das vierblättrige Kleeblatt sehr selten. Wer früher ein solches ohne langes Suchen fand, galt als „Glückspilz“. Diese Seltenheit übertrug man auf das kommende Jahr: Wer Klee besitzt, dem soll auch das seltene Glück zuteilwerden.
Dass wir heute kleine Töpfe im Supermarkt kaufen können, liegt am Vierblättrigen Sauerklee, der immer mit vier Blättern wächst. Etwa um das Jahr 1930 begannen Gärtnereien damit, diesen Sauerklee gezielt für den Jahreswechsel zu züchten. Da der Klee im Winter eigentlich ruht, wird er in Gewächshäusern „vorgetrieben“, damit er pünktlich zu Silvester saftig grün in den Regalen steht.
Woher kommt der Brauch des Bleigießens?
Der Brauch stammt wahrscheinlich aus dem alten Rom, wo das Schmelzen von Blei zur Zukunftsdeutung verbreitet war. Ursprünglich diente es als Orakel, um bei Feldzügen oder Krankheiten Vorhersagen zu treffen. Im Mittelalter wurde es an Silvester populär, um das kommende Jahr "vorherzusagen".
Seit 2018 ist Bleigießen wegen Giftigkeit verboten. Heute wird Wachs, Zinn oder sogar Teig in kaltes Wasser gegossen, um die Zukunft zu deuten.
Was sollen Wunderkerzen an Silvester symbolisieren?
Wie das normale Feuerwerk haben auch Wunderkerzen ihren Ursprung im Glauben, dass man mit Licht und Lärm (oder in diesem Fall sprühenden Funken) böse Geister und Dämonen vertreiben kann. Wunderkerzen gelten als Symbol für den Funken Hoffnung. Viele Menschen nutzen den Moment, in dem die Kerze brennt (meist 30 bis 60 Sekunden), um sich im Stillen etwas für das neue Jahr zu wünschen.
Im Gegensatz zu lauten Böllern sind Wunderkerzen ein „stilles“ Feuerwerk. Sie stehen für Gemeinsamkeit ermöglichen es, den Zauber des Feuers ohne Knall und Gefahr zu erleben, weshalb sie besonders bei Kindern und in ruhigen Runden beliebt sind.
Übrigens wurde die Wunderkerze, wie wir sie heute kennen, erst 1907 von Franz Jacob Welter patentiert. Er nannte sie „funkensprühende Leuchtstäbe“.
Ein paar Zahlen zum Weitererzählen:
- In den ersten Stunden des neuen Jahres ist die Feinstaubbelastung in deutschen Städten oft 20- bis 30-mal höher als der EU-Grenzwert.
- Die Deutschen gaben für den Jahreswechsel 2024/25 die Rekordsumme von rund 197 Millionen Euro für Feuerwerk aus.
- Versicherungen regulieren in Deutschland jedes Jahr rund 10.000 bis 12.000 Brandschäden, die direkt in der Silvesternacht entstehen.
- Deutschland hat weltweit einen der höchsten Pro-Kopf-Verbräuche an Schaumwein. Rund 5 Flaschen Sekt trinkt jeder Deutsche statistisch gesehen pro Jahr, ein Großteil davon an Silvester. Der Marktanteil von alkoholfreiem Sekt an Silvesterl iegt übrigens bei über 15 %.
- „Dinner for One“ von 1963 ist die am häufigsten wiederholte Fernsehproduktion der Welt. Butler James stolpert im Sketch genau elfmal über den Tigerkopf.
- Über 1,5 Millionen Deutsche arbeiten an Silvester. Die meisten davon arbeiten in der Pflege, bei der Polizei oder in der Gastronomie.
- Allein in den fünf größten deutschen Städten fallen nach der Silvesternacht über 200 Tonnen Müll durch Feuerwerksreste an.
- Rund 50 % der Deutschen nehmen sich vor, im neuen Jahr mehr Sport zu treiben. Statistisch gesehen halten die meisten diese Vorsätze jedoch nur bis Mitte Februar durch.
- Rund 15 Millionen Marzipanschweinchen werden jährlich in Deutschland rund um Silvester verkauft. Das macht Deutschland zum Land mit der höchsten „Pro-Kopf-Schweinedichte aus Zucker“.
- Das klassische Silvester-Fondue dauert im deutschen Durchschnitt 2,5 Stunden.
- Silvester 2024/25 meldeten Mobilfunkanbieter neue Rekorde beim Datenverbrauch. Über 870.000 Gigabyte wurden in der ersten Stunde des Jahres verschickt.
- Der 1. Januar ist bei Dating-Apps einer der umsatzstärksten Tage in Deutschland.
Besondere Silvesterbräuche aus aller Welt:
Argentinien
In Argentinien suchen die Menschen Unterlagen und Akten zusammen, die sie nicht mehr benötigen und zerschreddern sie. Danach werfen sie die Papierschnipsel aus dem Fenster, um sich von ihren Lasten des vergangenen Jahres zu befreien.
Brasilien
Die Brasilianer feiern Silvester, wenn es möglich ist, am Strand. Dort springen sie um Mitternacht in weißer Kleidung in das Meer. Bei jeder Welle dürfen sie sich etwas für das neue Jahr wünschen.
Bulgarien
Am 1. Januar klopfen meist Kinder mit einem geflochtenen und geschmückten Ast der Kornelkirsche auf die Rücken der Menschen. Damit soll das neue Jahr Gesundheit und ein langes Leben bringen. Aber nicht nur bei der eigenen Familie klopfen die Kinder auf den Rücken, sie ziehen auch von Haus zu Haus und bekommen dafür Gebäck, Nüsse, getrocknetes Obst oder andere kleine Geschenke.
China
In China findet das Neujahr nicht am 31. Dezember, sondern zwischen Januar und Februar statt. Ein kurioser chinesischer Brauch für unverheiratete Frauen ist, dass sie Mandarinen ins Meer schmeißen, um die Liebe zu finden.
Dänemark
Die Dänen sammeln über das ganze Jahr Geschirr, das sie nicht mehr brauchen, um an Silvester durch die Straßen zu ziehen und das Porzellan vor und gegen die Haustüren ihrer Freunde und Familien zu schmeißen. Wie beim Polterabend soll diese Tradition Glück bringen.
Ecuador
Um ihr Unglück im alten Jahr zu lassen, zünden die Menschen in Ecuador eine Vogelscheuche an. Die ist mit Dingen befüllt, die negative Erlebnisse des Jahres verkörpern. So werden Briefe, Fotos oder andere persönliche Gegenstände verbrannt, um mit positiver Energie und Kraft in das neue Jahr zu gehen.
Griechenland
Der Neujahrskuchen spielt eine wichtige Rolle an Silvester. Kurz nach Mitternacht schneidet man die Vassilopita an. Der Kuchen wird mit einem speziellen Ritual geschnitten und verteilt. Ein Stück wird dabei für Christus beiseite gelegt, ein weiteres für die Mutter Gottes und ein drittes für den Heiligen Vassilis. Danach bekommt der Rest der Familie ein Stück. Wer das eingebackene Geldstück findet, gilt als der Glückspilz des neuen Jahres.
Italien
Wer in Italien ins neue Jahr starten will, muss rote Unterwäsche tragen. Damit der Zauber wirkt, muss die Wäsche ein Geschenk gewesen sein. Zudem besagt die Tradition, dass man sie am Neujahrsmorgen eigentlich wegwerfen sollte, um das Alte endgültig hinter sich zu lassen. Rot steht in Italien für Glück, Leidenschaft und Erfolg. Wer rot drunter trägt, hofft auf ein leidenschaftliches Jahr in der Liebe.
Japan
Kurz vor Mitternacht beginnen die buddhistischen Tempel im ganzen Land, ihre großen Bronzeglocken zu läuten. Die Glocken werden exakt 108-mal geschlagen. Im Buddhismus steht diese Zahl für die 108 weltlichen Leidenschaften und Sünden (wie Gier, Neid oder Zorn), die den Menschen plagen. Mit jedem Schlag wird symbolisch eine dieser Sünden hinweggefegt, damit die Menschen rein und unbelastet in das neue Jahr starten können. Der letzte Schlag erfolgt meist genau um Mitternacht.
Spanien
Um Mitternacht essen die Spanier zwölf Trauben zu jedem Glockenschlag. Dabei dürfen sie sich bei jeder Traube etwas für das neue Jahr wünschen. Wer es schafft, alle zwölf Trauben rechtzeitig zu schlucken, wird im neuen Jahr mit 12 Monaten Glück belohnt.
Fast alle Spanier verfolgen dafür die Live-Übertragung vom Platz Puerta del Sol in Madrid, dessen Turmuhr den Rhythmus vorgibt. Im Fernsehen werden vorher oft die „Cuartos“ (Vorschläge) erklärt, damit niemand zu früh mit dem Kauen beginnt.
Südamerika
Während in Italien und Spanien Rot dominiert, setzt man in Ländern wie Kolumbien, Chile und Peru auf gelbe Unterwäsche an Silvester. Denn gelb ist die Farbe der Sonne und des Goldes. Wer gelbe Unterwäsche trägt (am besten verkehrt herum angezogen und um Mitternacht gewendet), erhofft sich Wohlstand und finanziellen Erfolg.
Tschechien
In Tschechien wird anhand eines halbierten Apfels abgelesen, wie das neue Jahr aussehen wird. Der Apfel wird quer in der Mitte durchgeschnitten. Erscheint das Kerngehäuse als fünfzackiger Stern, bedeutet das Glück und Gesundheit für alle Anwesenden im nächsten Jahr. Zeigt sich jedoch eine Kreuzform, gilt dies als schlechtes Omen oder Vorbote für Krankheit. Die Wahl eines schönen, großen Apfels ist daher bei tschechischen Familien Ehrensache.